Freitag, 14. September 2012

Sind die deutschen Vorbehalte zum ESM-Vertrag völkerrechtlich wirksam?

Nachdem ich das Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge genauer studiert habe, bin ich davon überzeugt, dass die vom Bundesverfassungsgericht angeordneten Vorbehalte Deutschlands zum ESM-Vertrag rechtlich gesehen absolut wirkungslos sind, und dass dies von vornherein bekannt war.

Ich zitiere Artikel 19 des Wiener Übereinkommens:

Art. 19 Anbringen von Vorbehalten

Ein Staat kann bei der Unterzeichnung, Ratifikation, Annahme oder
Genehmigung eines Vertrags oder beim Beitritt einen Vorbehalt anbringen,
sofern nicht


a) der Vertrag den Vorbehalt verbietet;
 

b) der Vertrag vorsieht, dass nur bestimmte Vorbehalte gemacht werden dürfen, zu denen der betreffende Vorbehalt nicht gehört, 

oder
 

c)  in den unter Buchstabe a oder b nicht bezeichneten Fällen der Vorbehalt mit Ziel und Zweck des Vertrags unvereinbar ist.


Punkt a) und b) treffen nicht zu, denn der ESM-Vertrag verbietet weder Vorbehalte noch gestattet er bestimmte Vorbehalte.

Punkt c) schließt solche Vorbehalte aus, die mit dem Ziel und Zweck des jeweiligen Vertrags unvereinbar sind.

Die Aufhebung der Schweigepflicht gegenüber dem Bundestag ist mit dem ESM-Vertrag definitiv nicht vereinbar, da durch diesen Vorbehalt die Geheimhaltung ja generell nicht mehr gewährleistet wäre.

Ebenso verhält es sich bei der Festlegung der Haftungsobergrenze, denn der ESM-Vertrag legt ja ganz bewußt keine Obergrenze fest.

Aus meiner Sicht wären die Vorbehalte nur wirksam gewesen, wenn der ESM-Vertrag geändert und neu ratifiziert worden wäre. Dies ist aber nicht geschehen.

Aus meiner Sicht ist demnach das Urteil kein Teilerfolg, sondern eine vom höchsten deutschen Gericht ausgesprochene Legalisierung des Tatbestands des Hochverrats und somit einer der schlimmsten Justizskandale der Neuzeit.

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